Betriebsarzt: Pflichten für Unternehmen
Ein wichtiges Kriterium für jeden Betrieb ist, dass alle Angestellten stets gesund und geschützt arbeiten. Der Betriebsarzt ist dabei der erste Ansprechpartner für alle Fragen zum Gesundheitsschutz. Er berät bei der Vermeidung von Berufskrankheiten, der Planung von geeigneten Präventionsmaßnahmen oder der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Häufig herrscht in Unternehmen aber Unsicherheit, ob ein Betriebsarzt tatsächlich auch Pflicht ist.
Unser Beitrag schafft Klarheit über die gesetzlichen Vorschriften und Aufgaben und zeigt auf, ab wann die Pflicht für einen Betriebsarzt besteht. Außerdem klären wir, was der Betriebsarzt untersucht. Wissenswerte Fakten zum Themenbereich „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ finden Sie zudem in unserem kostenfreien Whitepaper.
Ist ein Betriebsarzt Pflicht? – Das ist gesetzlich vorgegeben
Bei der Frage, ob ein Betriebsarzt gesetzlich vorgeschrieben ist, hilft ein Blick in das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG), welches die Rechtsgrundlage für die Tätigkeiten des Betriebsarztes bildet. Darüber hinaus sind aber auch die Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUV Vorschrift 2), die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) sowie das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) relevant.
Laut diesen rechtlichen Vorgaben besteht die Arbeitgeberpflicht zur Bestellung eines Betriebsarztes. Der Unternehmer ist also verpflichtet, sich von einem Betriebsarzt bei allen Fragen der Arbeitssicherheit beraten zu lassen. Die Frage, ob jedes Unternehmen einen Betriebsarzt zurate ziehen muss, lässt sich somit klar beantworten: Die medizinische Arbeitsschutzbetreuung ist für jedes Unternehmen Pflicht, welches Arbeitnehmer beschäftigt.
Zumeist kommen Betriebsärzte je nach Situation und Bedürfnissen regelmäßig oder anlassbezogen in das Unternehmen. Es ist dem Arbeitgeber dabei freigestellt, ob er den Betriebsarzt direkt im Betrieb fest anstellt, einen freiberuflichen Arzt nebenberuflich einstellt oder auf einen externen arbeitsmedizinischen Dienst wie bspw. ein Werksarztzentrum zurückgreift. Häufig verfügen vor allem große Unternehmen über einen eigenen Betriebsarzt.
Die DGUV Vorschrift 2 unterteilt anhand der Betriebsgröße noch genauer, ab wann und inwiefern ein Betriebsarzt Pflicht ist:
- weniger als zehn Mitarbeiter: Regelbetreuung in Form einer Grundbetreuung und anlassbezogenen Betreuung nötig; alternative Betreuung möglich
- elf bis 50 Beschäftigte: Regelbetreuung mittels Grundbetreuung und betriebsspezifischer Betreuung notwendig; alternative Betreuung anwendbar
- ab 50 Angestellte: nur Regelbetreuung und betriebsspezifische Betreuung; keine alternative Betreuung möglich
Zur Grundbetreuung zählen dabei betriebsärztliche Aufgaben, die das Unternehmen im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen, Schutzmaßnahmen und Wirksamkeitskontrollen unterstützen. Die anlassbezogene Betreuung kommt immer dann zum Einsatz, wenn bspw. Änderungen von Arbeitsmodellen, Untersuchungen von besonderen Unfallgefahren oder arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen anstehen. Die betriebsspezifische Betreuung durch den Betriebsarzt bezieht sich auf individuelle Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie betriebliche Veränderungen der Arbeitsbedingungen und -gestaltung. Details hierzu sind der DGUV Vorschrift 2 zu entnehmen.
Aufgaben des Betriebsarztes
Zu den Pflichten des Betriebsarztes gehören auszugsweise:
- Beurteilung der Arbeitsbedingungen
- Beratung bei der Planung und Verwendung von Betriebsanlagen, Einrichtungen und Arbeitsmitteln
- Unterstützung bei der Auswahl von Körperschutzmitteln
- arbeitsmedizinische Untersuchung der Mitarbeiter
- Beratung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge hinsichtlich Ergonomie, Lärm, Infektionen oder Stress
- Kontrolle des Arbeitsschutzes im Betrieb durch Begehungen
- Organisation der betrieblichen Ersten Hilfe
- Klären von Absprachen mit Berufsgenossenschaften und Behörden
Betriebsarzt Untersuchung: Was wird untersucht?
Oftmals sind Mitarbeiter unsicher, was der Betriebsarzt bei einer arbeitsmedizinischen Vorsorge genau macht und wie diese abläuft. Prinzipiell steht zu Beginn immer ein ärztliches Beratungsgespräch, in dem der Betriebsarzt Fragen zur Arbeitstätigkeit stellt. Wird anhand dieser sogenannten Arbeitsanamnese eine Untersuchung notwendig, bietet der Betriebsarzt diese an. Häufig handelt es sich in der Praxis hierbei um Hör- oder Sehtests, einen allgemeinen Gesundheitscheck oder in besonderen Fällen auch einen Impfschutz.
Ziel einer arbeitsmedizinischen Untersuchung ist es, eine Beschäftigungsfähigkeit festzustellen, oder im Rahmen einer Vorsorge arbeitsbedingte Erkrankungen früh zu erkennen. Wie jeder Arzt unterliegt er zudem der ärztlichen Schweigepflicht. Darüber hinaus hat er auch eine Mitteilungspflicht gegenüber den Arbeitnehmern, wenn diese die Ergebnisse ihrer Untersuchung erfahren möchten. Zugleich ist der Betriebsarzt dazu verpflichtet, seine Arbeit sowie erhobene Befunde zu dokumentieren. Wir stellen Ihnen auszugsweise einzelne Untersuchungen in Kurzfassung vor:
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Sie dient als Präventionsmaßnahme, um psychische oder physische Krankheiten möglichst früh zu erkennen. Der Arbeitnehmer hat dann die Chance, sich gezielter ärztlich untersuchen zu lassen oder entsprechende Behandlungen zu ersuchen, um seiner Arbeitsunfähigkeit entgegen zu wirken. Zudem hat die arbeitsmedizinische Vorsorge eine arbeitsschutzrechtliche Relevanz: Der Arbeitgeber kann anhand der Ergebnisse seine Gefährdungsbeurteilung effektiver vornehmen.
Bei vielen Arbeitnehmern kommt häufig die Frage auf, ob für sie die Pflicht besteht, zum Betriebsarzt zu gehen. Hier kommt es auf die Art der Vorsorge an:
Pflichtvorsorge: Der Arbeitgeber muss diese in regelmäßigen Abständen und vor Aufnahme der entsprechenden Arbeitstätigkeit für den Arbeitnehmer veranlassen. Nur nachdem der Arbeitnehmer an dieser Pflichtvorsorge teilgenommen hat, darf er seine Arbeitstätigkeit ausüben. Ein Beispiel wäre der Umgang mit bestimmten Gefahrstoffen (beispielsweise Arsen oder Asbest).
Angebotsvorsorge: Ähnlich wie bei der Pflichtvorsorge, muss der Arbeitgeber die Angebotsvorsorge in regelmäßigen Abständen anbieten — der Arbeitnehmer darf sie ablehnen. Das Arbeiten an Bildschirmgeräten setzt zum Beispiel eine Angebotsvorsorge voraus. Der Arbeitnehmer hat hier also das Recht auf eine angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens.
Wunschvorsorge: Auf Wunsch des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber die Wunschvorsorge in regelmäßigen Abständen ermöglichen. Er ist dazu aber nicht verpflichtet, wenn nach Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) notwendige Schutzmaßnahmen getroffen wurden.
Erstuntersuchung für Jugendliche
Unternehmer dürfen Jugendliche gemäß Paragraph 32 des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) nur beschäftigen, wenn ihnen eine ärztliche Erstuntersuchung vorliegt. Innerhalb von 14 Monaten vor Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis müssen sich Minderjährige von einem Arzt auf gesundheitliche Eignung der beruflichen Tätigkeit untersuchen lassen. Handelt es sich lediglich um eine geringfügige oder eine höchstens zweimonatige Beschäftigung mit leichten Arbeiten, ist keine ärztliche Untersuchung notwendig.
Untersuchungen gemäß Fahrerlaubnis-Verordnung
Für eine Fahrerlaubnis sind abhängig von der Führerscheinklasse bestimmte ärztliche Untersuchungen notwendig (zum Beispiel bei LKW-, Taxi- oder Busfahrern). Hierfür gelten zahlreiche Regelungen, die in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) geregelt sind.
Fliegerärztliche Tauglichkeitsuntersuchung
Berufspiloten und Privatpiloten bekommen nur nach erfolgreicher fliegerärztlichen Tauglichkeitsuntersuchung ein medizinisches Tauglichkeitszeugnis für ihre Fluglizenz. Berufspiloten müssen zusätzlich eine neurologische Untersuchung absolvieren. Abhängig vom Alter und der Art der Beschäftigung, müssen Nachuntersuchungen durchgeführt werden. Alles Weitere regelt die EU-Verordnung Nr. 1178/2011 für den europäischen Luftraum. Für viele Luft- und Raumfahrtunternehmen sind zusätzliche Einstellungstests eine wichtige Voraussetzung. Ein Beispiel ist der DLR-Test, der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) durchgeführt wird. Dieser beinhaltet unter anderem auch eine psychologische Eignungsprüfung.
Tauchtauglichkeitsuntersuchungen
Berufstaucher müssen sich gemäß ArbMedVV einer Pflichtvorsorge, wie die Tauchtauglichkeitsuntersuchung unterziehen. Diese dient zur Prävention von Tauchunfällen und wird von vielen Versicherungen anerkannt. Sie umfasst grundlegende medizinische Tests und Prüfungen zur Belastbarkeit. Das Tauchtauglichkeitszertifikat wird von der Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin e.V. (GTÜM) herausgegeben.
Seediensttauglichkeitsuntersuchung
Gemäß Paragraph 11 des Seearbeitsgesetz (SeeArbG), dürfen nur jene Personen als Besatzungsmitglied tätig werden, wenn sie seediensttauglich sind. Abhängig von der Arbeit auf dem Schiff, müssen die Arbeitnehmer bestimmte Tauglichkeitskriterien erfüllen, um bestimmte Situationen physisch und psychisch meistern zu können. Das kann zum Beispiel eine bestimmte Sehstärke sein, Arbeiten in engen Räumen oder Stehen während einer Vier-Stunden-Wache.
Eignungsuntersuchungen für Triebfahrzeugführer
Triebfahrzeugführer müssen im Besitz eines Triebfahrzeugführerscheins sein. Um diesen erteilt zu bekommen, müssen sie laut Triebfahrzeugsführerscheinverordnung (Tfv) neben anderen Anforderungen, physische und psychische Tauglichkeitskriterien erfüllen. Dazu müssen sie sich von einem anerkannten Arzt und Psychologen untersuchen lassen.
Betriebsarzt: Die Pflicht digital unterstützen
Der unterstützende Einfluss eines Betriebsarztes wirkt sich in vielfältiger Form positiv auf das Unternehmen aus. Zunächst werden arbeitsbedingte Erkrankungen oder Verletzungen minimiert, wodurch weniger Beschäftigte im Arbeitsalltag ausfallen. Gleichzeitig werden Arbeitsbedingungen optimiert, was nicht nur zu einem besseren Betriebsklima, sondern auch zu motivierteren Mitarbeitern führt.
Um der Pflicht für einen Betriebsarzt im Unternehmen nachzukommen und diesen bei seiner Arbeit bestmöglich zu unterstützen, bietet sich die Verwendung einer Compliance-Management-Software an. Mit iManSys können Sie sowohl rechtlich vorgeschriebene Vorsorgen planen als auch notwendige Maßnahmen des Gesundheitsschutzes ableiten.
Unsere Software-Welt „Arbeitsmedizin & Vorsorge“ ermöglicht neben der Terminorganisation von arbeitsmedizinischen Untersuchungen auch die übersichtliche Verwaltung von Prozessschritten sowie Maßnahmen. Auch die rechtskonforme Dokumentation der Vorsorgen stellt kein Problem dar.
Schließlich kann der Betriebsarzt ebenso auf Gefährdungsbeurteilungen, betriebliche Arbeitsschutzmaßnahmen oder gesetzliche Vorgaben zurückgreifen, welche im System hinterlegt werden. Weiterführende Informationen zum Thema „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ und der digitalen Umsetzung in iManSys erfahren Sie hier:
Der Einfachheit und besseren Lesbarkeit halber wird im Text das generische Maskulinum verwendet – gemeint sind damit immer alle Geschlechter.
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